Billy Cobham
Donnerstag, 19. September 2002,
Spizz Musikkeller, Leipzig

Die klangvollsten Namen der internationalen Jazz-Szene geben sich im SPIZZ die Klinke in die Hand. Im Jazzkeller am Markt 1, zeugen die Plakate und Fotos von der Jazztradition in der atmosphärereichen Kneipe. Neuerliches Highlight war am 19. September Billy Cobham’s ‘Culture Mix’.

Bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr besuchte der unvergleichliche Schlagzeuger unsere Stadt und wiederum hatte er großartige Musiker angeheuert, um sich mit einem äußerst lebendigen und abwechslungsreichen Programm auf Tournee zu begeben. Zur ‚Culture Mix’-Crew gehören der Göteborger Marcos Ubeda (Orgel), Per Gade (Gitarre) aus Kopenhagen, Stefan Rademacher (Bass), Krefeld und der in der Schweiz lebende Wilbert Junior Gill (Steel Pan und Percussion).

Die lebende Jazz-Legende Billy Cobham ist seit nahezu vierzig Jahren wohl einer der vielseitigsten, produktivsten und innovativsten Musiker. Er studierte unter anderem bei Thelonius Monk und Stan Getz und bezog nach eigener Einschätzung seine wichtigsten Einflüsse zum Beispiel von John Coltran und Miles Davis. Der Schlagzeuger, der seit der Veröffentlichung seines Debüt-Albums „Spektrum“ 1973 insgesamt 35 eigene Schallplatten veröffentlichte und bei mehr als 300 Veröffentlichungen als Sideman mitwirkte, arbeitete unter anderem mit James Brown, Miles Davis, John McLaughlin und Peter Gabriel. Beständig ruft er neue Projekte und Bands ins Leben und bewegt sich vorsätzlich in den verschiedensten Stilen. Bekannt ist Cobham für schnelles, explosives Drumming. Das er ein äußerst variables und facettenreiches Spiel laut wie leise ebenso beherrscht, davon konnte man sich im SPIZZ ein weiteres Mal überzeugen.

Das Konzert wurde von der Trommel und den Percussions eröffnet. Nach und nach gesellten sich Bass, Keyboard und Gitarre hinzu. Wir wurden mit einem smoothen Intro begrüßt, das in einem ausgiebigen Solo Marcos Ubedas endete. Der Keyboarder aus Schweden hatte in diesem Jahr auch außerhalb der Jazzwelt auf sich aufmerksam gemacht, als die Gruppe ‚Afro-dite’ mit seinem Song ‚Never let it go’ beim Eurovision song contest in Tallin den 8. Platz erreichte.

Zum ‚Culture Mix’-Programm haben die Musiker gleichberechtigt mit ihren Kompositionen beigetragen. Insgesamt ergab sich dadurch ein sehr vielseitiges aber ausgewogenes Konzert. Für jeden Einzelnen war viel Raum, sich solistisch auszuleben. Aber ob smooth oder beschwingt, verträumt und glöckchenzart oder wild und tobend, immer war das Schlagzeug „master of the puppets’. Vom Drumset aus wurde bestimmt, wann und wie sich die Dinge zu entwickeln hatten. Nach einem solistischen „Freigang“ eines Mitspielers parierte Cobham mit sanftem aber bestimmten Trommeln durch um seinerseits wieder langsam eine Steigerung aufzubauen, die dann zu einem gigantischen Solo führte und in einem Fall mit einem Duell zwischen Schlagzeug und Steel Pans endete.

Für Percussion und Steel Pans war kein geringerer als Wilbert Junior Gill verantwortlich. Der Gründer des ‚Schweizer National Steel Orchester’ sowie der ‚Wilbert Gill Steelpan School’, der bereits mit 25 Jahren zum Musikalischen Direktor des ‚Melodians Steel Orchestra UK’ ernannt wurde, nahm schon mehrfach am Montreux Jazz Festival teil, wo er unter anderem mit Dave Sandborn, Manu Dibango oder Quincy Jones zusammen traf und zusammen mit Phil Collins oder Santana auf der Bühne stand.

Per Gade, mit dem Billy Cobham seit einigen Jahren zusammenspielt, wird als einer der talentiertesten Gitarristen der jüngeren Generation gehandelt, wie er unter Beweis stellte, zu recht. Ob er sich im ausgelassenen Spiel mit dem Keyboarder die Bälle zuwirft, ein zartes, verträumtes Solo improvisiert, es in genialen Gitarrenläufen auf die Spitze treibt oder zusammen mit dem Bassisten ein sehr rockiges Thema durchführt, er beherrscht sein Instrument ebenso wie das Feeling für die verschiedensten Stile.

Stefan Rademacher am Bass reicht hier ebenso das Wasser. Seine Erfahrungen in den unterschiedlichen Musikrichtungen dürfte er zum großen Teil aus dem von ihm 1997 in Krefeld gegründeten Projekt ‚Jazzattack’ bezogen haben. Darüber hinaus wurde der für Live- und Studioproduktionen gefragte Bassist unter anderem von Musikern wie Chaka Khan, Jennifer Rush, Gary Husband, Randy Brecker oder Peter Herbolzheimer gebucht.

Dieses außergewöhnliche musikalische Erlebnis, dass erst nach einer ausgedehnten Zugabe zu ende ging, wird in ganz besonderer Erinnerung bleiben.

pepe