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Bericht

Bernard Allison

Freitag 17.01.2003, Anker, Leipzig
Bernard Allison

“You'll need to put yourself into what you play.” (Allison to Allison)

Einer der ganz großen, ganz wichtigen Väter des Blues ist 1997 gestorben. Luther Allison gehörte zu den Musikern, die den Blues nicht nur in exzellenter Weise spielten und sangen, er prägte ihn entscheidend mit, gab ihm seinen unverwechselbaren, lebendigen Stil, war einer der Pioniere, die den Blues nicht nur mit rockigen Elementen verkuppelten, ihm eine modernere Richtung gaben. In einer Beziehung, die Bernard Allison als eher brüderlich denn väterlich beschreibt, gab der Vater seinem Sohn manchen Hinweis in Bezug auf das Business. Doch er lehrte ihn nicht, wie er Gitarre zu spielen hätte. Dennoch darf man seinen Einfluss auf die Musik des Sohnes als sehr entscheidend betrachten, obgleich Bernard diesen Einfluss in seinem eigenen Stil reflektiert, der durch sein Selbststudium ebenso geprägt wurde, wie durch die Erfahrungen, welche er bei Koko Taylor, Johnny Winter oder im besonderen auch bei Stevie Ray Vaughan sammelte.  

Bernard Allison

Den wichtigsten Rat erfuhr er dennoch von seinem Vater, der zu ihm sagte „Du wirst Einflüsse und Idole haben, aber du wirst dich selbst hineingeben müssen, in das, was du spielst.“ Die Achtung voreinander und das Profitieren voneinander war bei Bernhard und Luther gegenseitig. Beeindruckt von der Art, mit der sich Bernard Allison mit der frühen Musik des Vaters auseinander setzte, lud dieser den damals dreizehnjährigen dazu ein, zwei Songs auf seinem Album „Gonna Be A Live One Here Tonight“ mit einzuspielen. 1983 standen sie beim Chicago Blues Festival gemeinsam auf der Bühne. Später reiste Bernard als Bandleader der ‚Luther Allison Group’ durch Europa. Sie arbeiteten gegenseitig für ihre Projekte, schrieben Musik und Texte zusammen. Bernard beschrieb es als gegenseitigen Austausch, als Geben und Nehmen.

Nicht zuletzt durch seinen Vater hatte Bernard Allison schon als Jugendlicher die Möglichkeit, bedeutende Musiker zu treffen. Dass er diese Einflüsse umfassend aufsog und sich auch mit den verschiedensten Stilen auseinander setzte, sie in der eigenen Musik verarbeitete, reflektierte, das ist seine eigene Leistung, die ihn aus dem Schatten seines Vaters treten ließ. Die soliden Bluestraditionen bereichert er mit modernen Sounds und Stilen, mixt sie problemlos mit Mitteln des Rock, Funk, R&B, Reggae und Gospel und trägt auf seine Weise die Begeisterung für den guten alten Blues in weitere Generationen. Kein geringerer als Prince lud Bernard Allison dazu ein, neben Stars wie Norah Jones, Maceo Parker oder Sheila E. an der ‚Xenophobia’ in seinen Paisley Park Home Studios teilzunehmen. Eine Woche lang fanden hier im Juni 2002 Konzerte, Diskussionen, Workshops und Sessions zum Thema Neue Musik statt.  

Bernard Allison

Im Januar 2003 stand er also im Leipziger Anker auf der Bühne. Noch gegen 21:00 Uhr war der Saal total leer. Dann begann er sich langsam zu füllen. Eine halbe Stunde später drängte sich das Auditorium ungeduldig. „Are you ready?“ Die Frage kam von einem ziemlich jungen Roadie, dessen Bedeutung für den Ausgang des Abends in diesem Moment mit Sicherheit kaum jemand einschätzen konnte.

Bernard Allison eröffnete mit einem Instrumentalstück. Der fette, knackige Gitarrensound fesselte mit dem ersten Ton. Ungebremst sprudelten nun zwei Stunden lang die ideenreichen Stücke einer einzigen musikalischen Fontäne gleich, mitreißend melodiös und groovy, energievoll und mit technischer Brillianz gespielt. Für sein kultiviertes Slide-Spiel ist er berühmt und griff häufig zum Bottle Neck. Das war Genuß pur. Doch zweifellos das Speziellste an seinem Konzert war seine herzergreifend plappernde Talking-Guitar, die er mit Slide und Waw-Waw-Pedal wie ein neugieriges Kind dem Auditorium von großen wichtigen Sachen erzählen ließ. Er erstaunte und begeisterte noch mit weiteren raffinierte Gimmicks. Natürlich gehörte dazu sein Zungen-Gitarrenspiel. Nach einer Wanderung durch den ganzen Saal für ein nicht enden wollendes Solo vergab er das Plektrum ins Publikum und bot bereitwillig seine Trussart-Steelcaster- Guitar zum „bespielen“ an. Mit einigen Covertiteln gab Bernard Allison seiner Verehrung für Stevie Ray Vaughan Ausdruck, ließ den Meister durch sein Spiel wieder auferstehen. Unverkennbar waren Vaughans Blues-Skalen, die froh stimmen, nicht traurig und schwermütig machen und die außerordentliche Intensität seiner Musik. Innerhalb eines relativ geringen Lautstärkeumfangs ergibt sich so viel Spannung, die darauf drängt, rausgelassen zu werden, so dass es an einigen Stellen die Fans nicht hielt und sie rufen und jubeln ließ. Aber auch bleischweren Blues brachte er einige Male, die Gitarrenläufe seiner hinreißenden Soli konnten jedem Bluespuristen das Herz erweichen.

Jassen Wilber
Die Band und ihr Leader agierten prinzipiell in harmonischer Einheit, trotz aller ausufernden Improvisationen des Chefs und dem Freiraum jedes einzelnen Bandmitglieds für Soli. Ein eingespieltes Team! Mike Vlahakis war einst untrennbar mit der ‚Luther Allison Band’ verbunden. Die Beziehung war offenbar so intensiv und persönlich, dass er nach Luther’s Tod nicht mehr auftrat. Auch Bernard gab er mehrere Absagen, bis er wieder dazu bereit war, in einer neuen Formation zu spielen. Doch es kam für ihn nur eine Band in Frage. Mike zu Bernhard: „If I do it with anyone, it has to be with you.“ Seither spielt er bei ihm Orgel und E-Piano und bringt auch Luther’s Lesliekabinett mit rotierenden Lautsprechern wieder zum Einsatz. Eine beeindruckende Verständigung zwischen den beiden Musikern wurde spürbar, wenn Mike Bernards Soli übernahm, seine Skalen weiterführte oder sie sich gegenseitig die Bälle zuwarfen und im munteren Duett der eine den anderen inspirierte. Auch Jassen Wilber gehört zu den Musikern der Extraklasse, der sich einerseits dezent im Hintergrund brummelnd für die rhythmische Basis engagierte, andererseits in minutenlangen Soli hervorragende Basstechnik bewies, die Saiten auf dem Instrumentenhals mit beiden Händen anschlug und seinen Bass gleichsam singen ließ wie er ihn auch als Percussion-Instrument einsetzte. Außerordentlich beeindruckend war auch die Schlagzeugarbeit Ron Suttons. Der Drummer, der grundsätzlich sehr maßvoll das Schlagzeug schlug, manchmal nur den Stock auf dem Rand der Trommel springen und dazu das HiHat zart zischeln ließ, zog dann wieder alle Register. Begann ganz unscheinbar und harmlos, arbeitete sich mit beständig steigender Intensität langsam über sämtliche Trommeln und Toms, dann über Becken und HiHat bis das gesamte Set einbezogen war. Mit schwindelerregender Geschwindigkeit vollführte er Triller auf der Basstrommel.
Ron Sutton

Nach einem großartigen Konzert, bei dem Bernard Allison sein Publikum drei Stunden lang aufheizte, die Stimmung zum kochen brachte, die Spannung auf den Höhepunkt trieb, aber bis zum Schluss die Katze nicht ganz aus dem Sack ließ, kam es zu einer recht akrobatischen Übergabe der Gitarre an seinen jungen Roadie Jake Torkelson, dem er das Instrument ebenso überließ, wie den ‚Final Cut’. Dieser brachte jetzt endlich die langersehnte Erlösung und ließ in endlosen heißen Bendings langsam den Dampf ab.

pepe

 

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