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LE-Nightflight

Vorbericht

Rolf Stahlhofen & Dirk Zöllner

Sonntag, 14. März 2004
Moritzbastei Leipzig

Rolf Stahlhofen und Dirk Zöllner in der Moritzbastei – es ist ja so einfach Happy zu sein!

„Ich hab Dir erzählt, was mich schon lange quält, Du hast mich befreit, von meiner Übelkeit, ich ahne nur, was Du fühlst doch eins weiß ich, dass du meine Wunden kühlst.“ Er taucht ein in die Story, hat sie zu seiner gemacht, reflektiert. Das Wort ‚kühlst’ formt er dabei genüsslich, legt den Kopf zurück lässt es noch langsamer, bedeutungsvoller aus sich herausströmen, als den Textteil zuvor. Es bewegt ihn jetzt mindestens so stark wie die Leute vor der Bühne. Beim Wort „Viel...“ steht die Spannung dann kurz am absoluten Höhepunkt und mit ihr der Adrenalinspiegel. In diesem Moment war Dirk Zöllner eingestiegen und in einem bewegenden Satz singen Dirk und Rolf Stahlhofen weiter „...zu weit, meine Blicke sehen viel zu weit.“ Jetzt erst kommt es langsam zur Entladung. In Schüben laufen die Schauer über den Rücken. Dass muss der Sex sein, von dem Dirk Zöllner später im Interview meint, man müsse ihn haben, wenn man mit anderen Leuten Musik erlebt. Nach einer erfrischenden Neuauflage des alten, vom Publikum immer wieder geliebten „Käfer auf’m Blatt“ sagte Zöllner dann „Dieser Mann schafft es, dass ich meine eigenen Lieder völlig neu entdecke.“ Auch Dirk Zöllner hatte den Songs, die Stahlhofen für den gemeinsamen Part beisteuerte, entscheidendes zu geben. Simpel begann er mit den Worten „Wir müssen versuchen zu verstehen ...“ Das kam mal ohne herzrührenden Pathos und schnörkeligen Gesang wie man es von den Mannheimer Söhnen kennt, ruhig, bedacht, ehrlich, tief. So ehrlich und tief, kraftvoll und aufwühlend, fernab von einer schwülstig kitschigen Interpretation. Dirk und Rolf sangen im Duett weiter „Geh davon aus, dass mein Herz bricht“, nicht weinerlich, nicht mitleidheischend sondern glaubhaft. Die ganze Band rockte. Ein paar kurze, knallende Metal-Riffs und eine hart und trocken geschlagene Basstrommel, intensive Bendings – das pushte dramatisch und man erhielt einen vollkommen neuen Blick auf den Titel „Geh davon aus“.

Zehn Tage Tour hatten ausgereicht, um aus der hervorragenden Stahlhofen-Band, die durch Zöllner-Gitarrist Thomas Maser ergänzt wurde, und aus den beiden so unterschiedlichen Sängern nicht nur ein perfekt funktionierendes Musikensemble zu machen, sondern sie auch gute Freunde werden zu lassen. Das versicherten sie nicht nur immer wieder, dieser Zusammenhalt war auch erlebbar. Die Verständigung zwischen ihnen hätte nach jahrelangem gemeinsamen Touren nicht intuitiver sein können. Frische, Begeisterung und Spielfreude und sehr viel Humor zogen sich durch das ganze Konzert.
Der erste Teil wurde dabei von Rolf Stahlhofen eingeläutet. „Ich hoffe, ihr habt viel Zeit mitgebracht, sagte er, zupfte sich an der Nase und erzählte von der Tour, die hier in Leipzig zu ende ging. Die war großartig, hat Freundschaften gebracht und das war man fest entschlossen, in der Moritzbastei zu feiern. Da sollte es ruhig ein bisschen länger gehen. Mit Titeln wie „Zeit was zu ändern“, „Du musst das Licht sehen“, „Wetterprophet“ (von Stoppok), „Es wird besser jeden Tag“, „Du kannst was tun dagegen“, „Große Mädchen weinen nicht“ heizte er dem Leipziger Publikum kräftig ein. Das ging bereitwillig mit, ließ sich von dem Soul in seiner rauen, schwarzen Stimme in einen Gefühlsstrudel ziehen und groovte bei den Solis der Instrumentalisten zusammen mit ihm. Das Zentrum für Stahlhofens Groove schien dabei in seiner Hüfte zu liegen, die er mit Flexibilität zu schwingen pflegte. Wenn er nicht gerade bei Volker Kuschner’s Solo mit ihm zusammen versuchte, den Klotz von einer Hammond C3 zu zerlegen. Beinahe hätten sie’s geschafft. Wahrscheinlich viel ihnen aber noch ein, wie schade es um deren herrlichen und so speziellen knorrigen, fietschenden, heulenden Sound wäre. Für eine richtig schöne Schnulze hatten die Männer aber auch großen Sinn. Dafür wurden Kerzen angezündet. Eine balancierte Rolf relativ erfolglos auf seinem Kopf. Der Bassist Clemens Heger und Gitarrist Stephan Ullmann (diesmal mit der Akustischen) saßen Beine baumelnd auf der Hammond. Keyboarder Ralph Goeddecke wechselte an das Akkordeon. Schlagzeuger Michael Germer, Percussionist Jesse Günther und Volker Kuschner behielten instrumentenbedingt ihre angestammten Plätze inne. Vorsichtig und ganz rührend sang Stahlhofen „...bitte bitte halt mich fest.“ Und man hatte das Bild der zarten Cosima Shiva Hagen vor sich, eine der Hauptdarsteller im Film „Dirty Sky“, zu dem dieser Soundtrack „Halt mich fest“ geschrieben wurde.

Die Stimmung war, obwohl die große Tonne noch ein paar mehr Zuhörer verkraftet hätte, am kochen. Wie er zugab, hatte er es dem Kumpan versprochen, dass er bis zu dessen Eintreffen auf der Bühne erfolgreiche Vorarbeit leisten würde. Dafür machte er sich auch auf den Weg in die Zuschauerreihen und ließ sich feiern. Aber wo blieb denn nun eigentlich die zweite Hauptperson? Mit Spannung hatte man sich auf dieses Aufeinandertreffen der so unterschiedlichen, großartigen Sänger gefreut. Aber bisher „nur“ Stahlhofen, Stahlhofen, Stahlhofen...!

Nach einer Stunde war es dann endlich soweit. Unter dem Jubel des Publikums kam Dirk Zöllner auf die Bühne und mit dem Soulklassiker „Heart It Trough The Grape Wine“ (Marvin Gaye) konnte die Party richtig beginnen. Sie jammten gemeinsam und hatten dabei sichtbar viel Spaß. Ein paar akrobatische Übungen hatten die Beiden für ihr Publikum auch noch einstudiert – Singen mit Huckepack zum Beispiel. Das muss man gesangstechnisch erst mal drauf haben! Nun folgten noch knapp zwei spannende Stunden im Doppel und einzeln. „Immer einer“ war Dirks Solo. Die Band rockte dazu. Das kam großartig. Nur der übermäßige Hall auf der Gesangsstimme war gewöhnungsbedürftig. Was Kristien Krohn Dirk 1979 in ihrem zarten Teenageralter antat, muss für ihn so einschneidend gewesen sein, dass man ihre Story unter www.dirk-zoellner.de heute noch erfährt. Auch in Leipzig wurde von ihr gesprochen. Ob er „Alles oder nichts“ 1999 tatsächlich auf sie münzte, oder ob es da zwischendurch noch andere Frauen gab, auf die der Titel passt? Egal, der Song kam jedenfalls sehr emotionsstark. Auch die Band ließ es knallen, die Hammond heulte. Alle rissen sich für Kristien die Seele aus dem Leib.

Thomas Maser, der von Rolf Stahlhofen nicht nur seiner Schönheit wegen gelobt wurde, sondern der diesen auch als außerordentlich guter Gitarrist beeindruckte, hatte zu dem im Mai erscheinenden Zöllner-Album „W.i.d.H.“ den Titel „Lügen“ beigesteuert, der auch in Leipzig vorgestellt wurde.

Zum Abschluss des offiziellen Teils eines stimmungsgeladenen Abends wurde noch mal erklärt „Wir feiern eine Hausparty“. Einen Titel ihres gemeinsamen Heros Edo Zanki sangen sie für die Band - „Gib mir Musik“ war ihren Begleitmusikern gewidmet, die ihr Ego zurückgenommen hatten, damit diese Veranstaltung gelingen konnte, wie es Rolf Stahlhofen anerkennend feststellte. Mit „Happy bis ans Ende der Zeit“ verabschiedeten sie sich dann vorerst von der Bühne, bevor sie für drei Zugaben noch mal raus geordert wurden.

pepe

weiterlesen:

Rolf Stahlhofen Interview 30. April 2003

 

 

 

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