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Marcus Kesselbauer Quintett 28. Leipziger Jazztage Donnerstag 14.10.2004, Oper Leipzig | ||||||
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„Ohne Sie würde es nur halb
so viel Spaß machen. Ich muss aber auch gestehen, ohne Sie wäre ich
nur halb so aufgeregt.“ In jedem Jahr räumen die Leipziger Jazztage
einem Nachwuchskünstler einen besonderen Platz im Programm ein.
Diesmal war es Marcus Kesselbauer, der Jazz-Nachwuchsstipendiat der
Stadt Leipzig 2004. Sympathisch und mit entwaffnender Ehrlichkeit
bedankte er sich bei seinem Publikum. Doch - kein Grund zu falscher
Bescheidenheit! Zusammen mit seinem Quartett gestaltete er einen
qualitativ hochwertigen Beitrag, der sich neben hochkarätigen Acts
gut sehen bzw. hören lassen konnte. Dejan Terzic begann mit einem Trommelwirbel. Aber nicht mit so einem spektakulären, lauten, der schreit „Hier bin ich, jetzt geht’s los.“ Nein, zwar bestimmt, doch vorsichtig. Die Becken ließ er dabei singen. Und bereits mit diesem Einstieg war schon mal gesagt, welcher Klasse dieser Schlagzeuger angehört und welcher Philosophie sein Spiel folgt, das er im weiteren Verlauf immer virtuos und variationsreich banddienlich einsetzte, mit dem er auch die Band zu leiten verstand ohne sich je in den Vordergrund zu schieben. Johannes Herrlich (Posaune) und Marcus Kesselbauer am Saxophone spielten im Duo sehr melodisch und angenehm, passend zur Begrüßung bevor sie jeder ihre energievollen Improvisationen hierzu ausgestalteten und einen starken Sound entwickelten. Ihr Feeling, ihr geschmeidiges Spiel harmonierten dabei hervorragend. Das zunächst beschwingte Solo Walter Langs am Flügel wurde in ein spannungsreiches Crescendo gesteigert und mit dem Einsatz der Bläser, die das ursprüngliche Thema beruhigend wieder aufnahmen, beendet. „OT“ hieß das erste Stück und war eine Komposition des befreundeten Pianisten und Keyboarders Stefan Greisiger, dessen Name vor allem aus der Leipziger Jazz-Funk-Szene geläufig ist. |
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Das nächste Stück „Final Inspiration“
wurde eingeleitet vom Bassisten Thomas Stabenow mit einer
flotten und dennoch ein wenig traumhaft verspielten Improvisation in
die sich das Piano einschaltete. Verspielt, auch humorvoll verlief das
Stück weiter, wenn die Posaune scheinbar etwas verschlafen
langgezogene, gähnende, sich um den Ton leiernde Klänge produzierte
und damit fast ein bisschen trottelig wirkte. Schließlich wurden aber
die Bläser munter und es entwickelte sich ein ausgeschlafenes,
betriebsames Stück. Eine davon angeregte und anregende, fröhliche
Improvisation am Klavier folgte und strahlte innere Zufriedenheit aus.
Mit einem kurzen Schlussakkord beendeten Saxophone und Posaune das Stück,
nachdem sie die Spannung zum Höhepunkt geführt hatten. |
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Am Beginn von Johannes Herrlichs Komposition
„Hymn“ stand ein plakatives, Broadway-taugliches Thema, das von
Posaune und Saxophone kurz angespielt wurde. Doch alles schien noch
suchend. In das anfänglich relativ strukturlose Stück brachten die
leichtfüßigen Klavierimprovisationen Klarheit und Ruhe. Walter Lang
wurde dabei mäßig von all seinen Bandkollegen begleitet. So beruhigt
und scheinbar am Ziel klang das Stück aus. An dieser Stelle muss der als Solist und Begleiter gleichermaßen exzellente Pianist hervorgehoben werden. Er überzeugte generell mit abwechslungsreichen Soli, bei denen sich Klangflächen mit sparsamen Voicings und perkussiven Kaskaden abwechselten. Aber er unterstützte auch alle anderen Solisten adäquat und bot ihnen den Boden, auf sich ihre Soli frei entfalten konnten. |
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Eine wichtige Rolle nicht nur in seiner künstlerischen Entwicklung spielte in den vergangenen Studienjahren Kesselbauers Mentor Professor Richie Beirach. Bei ihm bedankte er sich mit der Interpretation dessen Stückes „Boston hurry“, welches das dramaturgisch gut aufgebaute Programm beendete. Es begann mit einem kraftvollen Bläsersatz und erweckte unterstützt durch einen vertrackten Backgroundrhythmus den Eindruck von quirligem Großstadttrubel. Nun blieb noch mal für alle Instrumente reichlich Raum, improvisierend ihre Version vorzutragen. Dejan Terzic ließ die Ahnung aufkommen, er habe die doppelte der sonst üblichen Anzahl an Gliedmaßen. Jedenfalls waren die vielen Fills und Effekte schwer nachvollziehbar und kaum zu begreifen. Dennoch wirkte sein Spiel eher ruhig und leise. | ||||||
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Abschließend lässt sich feststellen, dem
von der Mario-Ermer-Stiftung ausgezeichneten Stipendiaten Marcus
Kesselbauer (der leider noch in diesem Jahr Leipzig verlassen wird, um
seine Studien in New York fortzusetzen) ist es gelungen, eine
exzellente Band zu formieren, die insgesamt einen einheitlichen
Bandsound erreichte und auf hohem Niveau zu hervorragendem
Zusammenspiel und zu großer Interaktion kam. Modern und anregend
interpretierte das Quintett die im Mainstream Jazz anzusiedelnden
Kompositionen virtuos und ideenreich. Der 28 Jahre junge Bandleader selbst, er
stammt aus Süddeutschland, meisterte dabei die Rolle als Solist wie
auch die als Backgroundmusiker – hervorragend. Mit seinem vollen,
runden Ton, der zuweilen an Joe Henderson erinnerte, fügte er sich
gut in den Bandsound ein. Durch seine Sologestaltung verstand er es,
wie es sich für einen echten Leader gehört, die Band mitzuziehen. PePe Danke für die Unterstützung durch Gastautor Andreas Grosskopf! |
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