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LE-Nightflight

Bericht

Rock City Festival #1

Destroying Today : Carbonix Acid : Boing Agrupapulci : Sixpoundgod : Mad X-Ray : Fifty50 : Born Cool : The Backseats

03.-04. Dezember 2004

Tangofabrik, Leipzig

Zum Jahresende erlebte Leipzig eines der wichtigsten Rockereignisse seit langem. Die Initiatoren, zu denen ganz erheblich auch die umtriebige Band ‚Boing Agrupapulci’ gehört, luden die Creme der Leipziger Rockszene ein und veranstalteten zwei abwechslungsreiche Abende. Die Stimmung im Publikum war super. Doch die Tangofabrik hätte gut auch mehr Gäste vertragen - was mit einer koordinierteren Öffentlichkeitsarbeit durchaus drin gewesen wäre.

Dem Veranstalter, in Persona Booking Agent Olaf Quitter, ging es wie er zugab zum einen um „zwei richtig geile Konzertabende“, zum anderen „auch um’s Geld verdienen“. Mindestens das erstgenannte Ziel wurde erreicht. An zwei spannungsgeladenen Abenden rockten insgesamt acht Bands bis in die Nacht ziemlich heftig und auf gutem Niveau. Mit dabei waren ‚Destroying Today’, ‚Carbonix Acid’, ‚Boing Agrupapulci’, ‚Sixpoundgod’, ‚Mad-X-Ray’, ‚Fifty50’, ‚Born Cool’ und ‚The Backseats’. Die Fans pokten und wurden in ihren Zugabewünschen nicht enttäuscht. Doch den teilnehmenden Bands wären noch mal so viele Zuhörer zu wünschen gewesen. Warum sich die Massen vor dem ‚Bimbotown’ anstellten und die Tangofabrik nur etwa zur guten Hälfte gefüllt war - wer weiß. Eine rechtzeitige Öffentlichkeitsarbeit ist nicht immer alles, kann aber nie schaden!

‚Destroying Today’ gaben den Startschuss. Und obwohl die drei harten Mädchen und ihr Schlagzeuger noch zu den unbekannteren Geheimtipps zählen, konnten sie bereits gut punkten und wurden auch zu einigen Zugaben gezwungen. Ihre Hardcore-Attitüde war schon ziemlich überzeugend. Die technisch starke Bassistin spielte sehr druck- und gleichzeitig klangvoll . Zusammen mit Schlagzeuger trieb sie die Musik voran. Dieser bediente das Drumset mit derbem Schlag und dennoch sehr dynamisch. Mit vielen kleinen Breaks und Fills gab er dem Rhythmus die Würze. Die Gitarristin sorgte vor allem für den Klangteppich. Mit männlich derber Stimme growlte und brüllte die Frontfrau in’s Mikro. Worauf wieder ruhigere Gesangspassagen folgten. Diese Abwechslung entspricht offenbar dem musikalischen Konzept der Band - zwar hart aber dennoch ausgewogen. Entwicklungspotential haben die vier Leipziger ganz sicher noch. Mehr Interaktion, mehr Klarheit bei den Abläufen auf der Bühne kommen mit wachsender Bühnenerfahrung. Und an den stimmlichen Qualitäten der Sängerin lässt sich ganz sicher auch noch arbeiten.

Eine ausgereifte Bühnenshow, präsentierten nun die erfahrenen Hardliner von ‚Carbonix Acyd’. Zum Markenzeichen gehört nicht nur der Schotten-Look des Frontmanns und das immer mal wieder eingesetzte Megaphone. Das linke Auge mit schwarzen Strichen markiert und auf dem Kopf eine Melone, Schlipszwang für den Gitarristen und den Sänger, zumindest noch bei den ersten Titeln – das alles schindet natürlich schon mal Eindruck. Kompakt und routiniert war ihr Auftritt, der mit den Textzeilen „We wont, that you loose yourself, we wont, that you forget yourself, we wont that you expresse yourself…” gleich richtig losknallte. Ihre expressive Performance und der kraftvolle Rock, die fetten Punk/Funk Gitarrensounds der heftige Groove machen einfach immer wieder Spaß.

‚Boing’ mit oder ohne Agrupapulci - die Jungs vermeiden nach wie vor die Klarstellung. Weg ist er nicht, der zweite Namensteil. Taucht er auch geschrieben kaum noch auf, stellen sie sich aber selbst mit komplettem Bandnamen vor. Es sei ausdrücklich gesagt – zu unserer Beruhigung! Ähnlich wie ‚Carbonix Acyd’ stehen auch ‚Boing Agrupapulci’ für eine expressive Performance. Sie sind eine enorm starke Liveband, die man auch zum hundertsten Mal klasse finden kann – soweit man sich für ihren Hardcore-Crossover begeistert. Fleißig haben sie sich seit den letzten Jahren eine treue Fangemeinde herangezogen, die regelmäßig gut abgeht bei der Boing-Show. Das Prinzip des Frontmanns ist: immer an den Bühnenrand, immer Hautkontakt mit dem geschätzten Publikum, mit den „Damen und Herren“. Mehr und mehr scheint er sich auch seiner Star-Rolle bewusst zu werden und auf sympathische Weise auch schon mal damit zu kokettieren. Etliches neues Material hatten sie am Freitag im Programm, mit dem sie weiterhin die harte Strecke verfolgen, sehr energiegeladen, expressiv, schreiend, tobend und wie immer ungeheuer musikalisch. Von den gut abgehangenen Titeln wurde natürlich auch wieder einiges gespielt. Doch da ‚Boing!’ nie ein- wie das andere mal klingen und schon gar nicht wie auf der Platte, sind diese beinahe schon Klassiker wie „Driving Downtown“, „Vegetables“ oder „Worm Up“ immer wieder spannend.
Eine heftige, bühnenerfahrene, Hardrock/Metalband beschloss den ersten Abend. Genauer gesagt konnten ‚Sixpoundgod’ erst weit nach Mitternacht auf die Bühne kommen. Die Zugaben der Vorgängerbands hatten den Programmablauf einigermaßen verzögert. Und da nicht alle der Hardcore-Fans hart genug waren, spielten sie nun völlig zu unrecht vor einem schon deutlich reduzierten Publikum. Professionell ließen sie es aber an frische und Spannkraft trotz der ungünstigen Tageszeit nicht mangeln. Die verbliebenen Zuhörer konnten also bei treibenden Beats und ohrenbetäubenden Gitarren noch mal richtig abfeiern.
Der Samstag begann mit drei alten, routinierten Haasen, von denen man was ganz großes, ergreifendes erwartet hatte. Waren es die überzogenen persönlichen Erwartungen oder tatsächlich etwas mangelnde Spielfreude? ‚Mad X Ray’ wirkte härter, die Sounds weniger psychedelisch als man sie kannte. Dort, wo man feine Spiel Art und sich langsam entwickelnde Spannungsbögen erwartete, ging alles ziemlich schnell und wirkte flacher. Wenn normalerweise jeder Ton, jeder Trommelschlag, jede Harmonie zelebriert wurden und sich zu einem fesselnden Erlebnis zusammenfügten, wirkte diesmal alles weniger verzaubernd. Freilich, die Titel waren immer noch gehaltvoll und die Musiker machten Druck. Der Groove war o.k., die Gitarren krachten, der Schlagzeuger trommelte wieder aufs feinste. Aber man hätte so gerne mal wieder gestaunt, die Luft angehalten, die sich langsam aber dramatisch aufbauende Spannung gespürt. Das war diesmal nicht drin. Sehr flott und unspektakulär, waren die Drei nach ihrem letzten Titel auch wieder von der Bühne geflüchtet. Das Publikum schien ihren schnellen Abgang auch irgendwie als endgültig akzeptiert zu haben. Zugabewünsche blieben daher aus.

Noch mit vollem Elan und spielhungrig machten hiernach ‚Fifty50’ Stimmung. Sie fielen schon im Mai während der Bradpacktour im Verbund mit ‚Born Cool’ und ‚Boing Agrupapulci’ als besonders frisch und unverbraucht auf. Viel Druck, ordentlicher Groove, vom Rock’n’Roll, der noch so richtig knallte, kreuzüber zum Punk, eine mitreißende, auch witzige Performance – so überzeugten sie im Handumdrehen und weckten die Anwesenden erst mal richtig auf. Gitarre und Bass leisteten ordentliche Arbeit, machten einen starken Sound, vom Schlagzeug kamen starke Beats und ein stimmgewaltiger Sänger brachte mit viel Bewegung auch optisch alle zusammen.

Mit astreinem Punk'n'Roll sollte es weitergehen und zwar realy cool! Denn ‚BORN COOL’ machen, was ihre mehr als coole Show betrifft ihrem Namen regelmäßig alle Ehre. Zu weilen wirken sie damit allerdings auch recht distanziert und müssen aufpassen, vor lauter Coolnes nicht den Kontakt zum Publikum zu verlieren. Die Fans irritiert solches Gehabe aber nicht. Die gehen zu Ex-TAM Joey’s Rockgitarrensound und der raumgreifenden Show von Frontmann Schwarwel (Comiczeichner und Layouter der ÄRZTE) allemal gut ab. Die Band arbeitet zur Zeit an ihrem zweiten Album. Daher können sich die Fans bereits auf das neue Jahr freuen.

Je später das Festival, desto schöner die Gäste! Mit ‚THE BACKSEATS’ gelangte die Party nicht nur zu ihrem Schluss- sondern auch zum Höhepunkt. 1999 hatten sie sich bereits gegründet. Seither beeindruckt ihr charismatischer Frontmann York mit knüppelhartem aber dennoch auch melodischem Gesang unterstützt von einer schlagkräftigen Band. Mittlerweile wurde die Formation um Trompete, Posaune und Saxophon erweitert, wofür sie trefflich in die Kategorie Punk-Rock-Orchester gehoben wurden. Gerade die Bläsersektion ist es auch, die einige weitere Einflüsse zum Beispiel aus Richtung Ska mitbrachte oder zuweilen etwas Big Band Sound zaubert. Ungeheuer abwechslungsreich, kraftvoll, mitreißend und auf jeden Fall allen zu empfehlen, die mal richtig abfeiern wollen. Wer ‚The Backseats’ in der Tangofabrik verpassen musste, dem kann man ja seit diesem Herbst die Konserve empfehlen. Das neueste Album, gerade auf dem Label EASTCORE erschienen, heißt „On The Run“, wird von Green Hell Records vertrieben und vermag durchaus dem starken Live-Auftritt der Band gerecht zu werden.  

pepe

 

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