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Bernard Allison

 

Bernard Allison

Bernard Allison, Freitag 11.07.2003, Gasometer, Zwickau

“Leave your ego, Play the music, Love the People.” Mit diesen Worten auf dem T-Shirt schwang sich ein breiter Rücken durch den Saal, ein offensichtlich treuer Fan des Autors. Nicht nur dieses Fan Artikels wegen scheint der 1997 verstorbene Luther Allisons all gegenwärtig, mindestens sein Vermächtnis ist es. Denn obwohl Bernard Allison die Protektion des berühmten Vaters längst nicht mehr nötig hat und mit seiner eigenen Leistung Geltung in der Musikszene erlangte, wird stets die enge Bindung zu seinem Vater deutlich. Das Zitat scheint er verinnerlicht zu haben und mit seiner ganzen Persönlichkeit zu leben.

Mit natürlicher, freundschaftlicher Aufgeschlossenheit tritt er uns gegenüber. Aus unserem Interviewtermin wird eine lockere Plauderei in der Abendsonne vor dem Zwickauer Gasometer. Die Zeit verfliegt und als uns auffällt, wie lange wir Bernard Allison nun schon aufhalten, bekommen wir fast ein schlechtes Gewissen. Aber er hat Zeit, Zeit für uns, Zeit zum Plaudern. Es scheint ihm Spaß zu machen, keine Pflichtübung.

Wie wichtig ihm seine Familie ist, spürt man, auch wenn er wenig von ihr erzählt. Auf die Frage „Vermisst Du Deine Familie hier in Europa? Kommt nur ein kurzes „Ja. Es ist immer schön nach Hause zu kommen.“ Doch wenn er später voller Stolz von seinem Neffen erzählt, grinst er vom rechten bis zum linken Ohr und freut sich sichtlich, über ihn sprechen zu können, über dessen erstes Album, das gerade veröffentlicht wird und auf dem ‚Cherry Red Wine’ gecovert wird. „Er singt, spielt Gitarre. Er mixt den Blues mit Reggae Feeling. Er ist ein ausgezeichneter Sänger. Er heißt Jermain Allison.“ Von seinen acht älteren Geschwistern beschäftigt sich niemand professionell mit Musik, obwohl alle mit Gospel aufwuchsen, ihn im Kirchenchor sangen. So fielen die Gitarren seines Vaters alle ohne Gerangel an ihn und sind in seinen Händen wohl auch am besten aufgehoben.

Bernard Allison

Ebenso wie die Rückkehr zur Familie scheint er es aber zu genießen, drei mal im Jahr nach Europa zu kommen. „Weil ich hier viele Leute kenne, noch von den Touren mit meinem Vater.“ Häufig sind es die gleichen Spielstätten, die er schon als Bandleader in der ‚Luther Allison Band’ besucht hat. Die Erinnerungen daran teilt er mit den treuen Fans. Praktisch ist, dass er so das Publikum anziehen kann, welches schon zu Luther Allison kam. Doch mittlerweile kommen die Leute wegen ihm. Sein Set wechselt er dabei zwischen den USA und Europa nicht. „Ich spiele es eigentlich überall. Ich widme es meinem Vater und verwende alte und neue Songs. Das ist eine Menge Material und nicht nur für die ‚Next Generation’.“

Eine zentrale Person in seinem Leben ist also sein Vater, den er ungeheuer verehrt. An good old Luther führt kein Weg vorbei, unterhält man sich mit Bernard. Aber welche Rolle spielt die Mutter in seinem Leben, in seiner musikalischen Entwicklung. Über sie und seine Beziehung zu ihr wird man vergeblich in den Interviews und Rezensionen suchen. Die Frage nach Mrs. Fannie Mae Allison überrascht ihn dann auch offensichtlich. Aber nun konsequent bleiben und die Frage noch mal wiederholen! „Welche Rolle spielt Deine Mutter in Deiner musikalischen Entwicklung.“ „Ah, speaking about Mama!“ Genau! Denn ganz unberechtigt ist es auch wieder nicht, nach ihr zu fragen. „Meine Mutter ist wahrscheinlich der wichtigste Grund für mich, mit der Musik angefangen zu haben. Während mein Vater auf Tour war, hörte ich immer seine Platten aus der Plattensammlung, die viel Gospel, Jazz, Blues enthielt. Wenn Vater tourte, konnte ich immer zu ihr kommen. Sie gab mir die Vinyl-Records und unterstützte mich, als ich begann Gitarre zu spielen. Als ich elf Jahre alt war, ging sie mit mir in die Clubs zu den Jam Sessions. Auch wenn wir heute in der Nähe spielen, kommt sie zur Show.“

Bernard Allison

Später ging er zusammen mit seinem Vater nach Paris und tourte mit ihm durch Europa. „Paris war großartig, weil es mein erster Besuch in Europa war. Ich hatte noch nie von französischer Musik gehört. Europäische Rhythmen und afrikanische Musiker - ich hatte so etwas noch nie gehört und integrierte es in mein Spiel. Eine Menge Dinge, die ich dort gelernt habe! Und jetzt mixe ich alles in unserem Sound – straight Blues, Rock und Blues, Funk und Blues. Ich traf die französischen Musiker und während der Aufnahmen für meine Platte in Deutschland eben Deutsche. Jeder Einzelne hat einen ganz speziellen Charakter. Alles hat eine andere Atmosphäre als, sagen wir, in Chicago. Dort haben wir Texas Blues, Westcoast und Chicago Blues. Das ist auch ganz verschieden, mal mehr mit Bläsern, mit Harmonika oder mit Gitarre je nachdem, aber immer ein ‚National Thing’.“ In Europa lernte er viele verschiedene Orte kennen, traf auf andere Musikstile und Musiker. In Frankreich ist der Funk sehr wichtig. Bootsy Collins hat einen Fan Club in Paris. Aber jede Zeit hat ihren Funk und so ist es eine ganz andere Generation, die dorthin kommt, um den Funk zu hören, erzählt er uns. Mit Keziah Jones spielte er in der Pariser Zeit einige Shows zusammen. „Sein Poster von Blue Funk sah meinem Poster sehr ähnlich. Irgendwann sollten wir am selben Ort spielen. Ich sagte ‚Why even not?’ Ich hatte noch nichts von ihm gehört. Als ich in England war, suchte ich nach seiner Platte, kaufte sie ohne zu wissen was drauf ist. „Blue Funk“ war unglaublich. Sein Stil und sein Spiel!“ „Er spielt auch härter als Du?“ „Ja richtig, und das auf einer akustischen Gitarre. Aber die Einflüsse sind die gleichen.“

Nach dem Tod seines Vaters ging er nach Amerika zurück und vertraute sich Tone Cool, einem amerikanischen Label an, das ihn so gut wie möglich auf dem dortigen Markt platzieren konnte. Schließlich war er für zwölf Jahre nicht durch die Staaten getourt. Das Label schickte ihn unter anderem mit Johnny Lang und B.B. King auf Tour. Die Aufnahmen für sein neues Live-Album „Kentucky Fried Blues Live“ hat er allerdings wieder für Ruf aufgenommen, DVD und CD. Es ist sehr empfehlenswert. Denn es repräsentiert ihn als Musiker sehr viel mehr, als es gerade das Studio Album „Storms of Live“ kann.

Mike Vlahakis

Zu seiner Band gehört nun schon seit fünf Jahren Mike Vlahakis, ehemals Keyboarder in der ‚Luther Allison Group’. Drummer Ron Sutton und Bassist Jassen Wilber touren seit drei Jahren mit ihm. Proben gibt es nicht. Der Soundcheck ist die Probe. Aber sie arbeiten genügend, um sich gut zu kennen. „Wenn ich eine neue Idee habe, dann spielen wir das.“ So einfach ist das also. Die Credits auf der neuen CD benennen allerdings andere Namen. „Das waren Musiker aus Minneapolis, Leute von der ‚Johnny Lang Band’. In Minneapolis gibt es sehr viel gute Musik und viele gute Musiker. Man lädt sich gegenseitig ein.“ Ein neuer Punkt in Allisons Karriere war „Storms of Live“ nicht unbedingt. „Es war einfach ein Fakt, dass eine Menge Gastmusiker mitgewirkt haben. Freunde haben mir Songs geschickt und ich habe versucht, darauf zu spielen.“ Tatsächlich verlief der Arbeitsprozess, in dem die Plattenfirma die Auswahl über die Musiker traf und Bernard Allison kam, seine Parts zu spielen. „War das befriedigend?“ „Es ist o.k., weißt Du. Was immer Du machst, Du musst Dich entscheiden. Der eine will eine Menge Geld verdienen und der andere gute Songs machen. Es ist o.k. Ich sagte: ,Findet einen guten Song, schickt ihn mir und ich spiele meinen Part.’ Tage später hörte ich mir das an und sagte: ‚Tja, ich brauche drei Songs mit mehr live feel.’ Das war der Grund, meinen Basser und meinen Drummer ran zu holen. So ist es eine sehr gute Platte, weil wir verschiedene Stile einsetzten, auch ein bisschen livenes, Slide Gitarre.“ Auch ein paar Songs seines Vaters sind wieder mit auf dem Album.
Jassen Wilber

In dieser Weise ist das Album „Funkifino“ ein anderer Meilenstein seiner Arbeit. „Das ist mein Lieblingsalbum, denke ich. Da hatte ich die Chance, mich selbst zu produzieren, selbst darzustellen. Ich denke dass hört man der Platte an. Sie ist anders. Es ist ein anderer Teil von mir, weißt Du.“ „Vielleicht ein Schritt aus dem Schatten des Vaters heraus?“ „Exakt. Ich denke, es war genau der Zeitpunkt, wo die Leute sagten, schau, das kann er auch.“ Immer nur straight Zwölftakt-Blues zu spielen, wäre ihm langweilig. Bei ihm arrangiert sich der Funk mit Rock, Blues, der Hendrix Szene. Und immer wieder werden Eyecatcher beigemischt, die die Aufmerksamkeit des Publikums erhöhen.

Sein nächstes Projekt wird ein weiteres Studio Album sein, aber nicht schon ‚Bernard plays Luther’. Denn das wird etwas besonderes werden. Dafür will er das Beste von Luther Allison auswählen. Ein Akustikalbum soll es werden. „Es wird rauskommen!“ Doch Schritt für Schritt wird es entstehen. Das warten könnte sich also ganz besonders lohnen. Ist es problematisch, ein solches Projekt zu verwirklichen? Das einzige Problem ist die Zeit und dass Bernard Allison zu viele Ideen und Projekte hat.

Blues, für viele Leute ist er aus der Zeit gekommen, ohne dass sie wüssten, wie facettenreich und jung er sein kann. Auch Bernard Allison sieht die einzige Zukunft für den Blues darin, ihn stilistisch weiterzuentwickeln, ihn mit den verschiedensten Stilen zu mixen. „Du kannst nicht mehr die alten Muddy Waters, T-Bone Walker Sachen spielen. Du kannst von Ihnen die Basics lernen, weiterführen und neues kreieren.“ Konfrontiert man dann junge Leute damit, fragen sie häufig erstaunt „Das ist Blues? Ich mag das“ „Ich denke, ich kann mit meiner Wahl ein größeres Publikum erreichen. Ich kann es erreichen mit Rock, mit der Energie. Ich möchte dass sie sagen: das war die Bernard Allison Group und nicht die Bernard Allison Bluesband.“

Jake Torkelson

Als seine Aufgabe betrachtet er es, den Blues an nächste Generationen weiterzugeben, besonders durch die Unterstützung der nächsten Generation der Bluesmusiker. Ein Beispiel ist sein Gitarren Roadie Jake Torkelson. Er gehört zu den ganz Jungen in dieser Szene. Aber das große Talent hat seine Chancen, beim Meister zu lernen, hervorragend genutzt. Im Anschluss an diese Konzertsaison wird er bei einer Band einsteigen und seine eigene Karriere starten. Nachdem Bernard ihm die besten Grundlagen mit auf den Weg gegeben hat, vermittelte er ihn weiter an Freunde. Zur ‚Next Generation’ zählt Allison zum Beispiel auch den schon sehr erfolgreichen Johnny Lang. „Er kommt sogar mehrere Generationen nach mir. Er spielt sehr modern mit verschiedenen Einflüssen und du kannst den Unterschied zu den traditionellen Sachen hören. Wir sind schon zusammen getourt und unsere Stile passen sehr gut zusammen. Er nimmt zum Beispiel das Alte ‚Good morning, little school girl’ und spielt es als Rocktitel. Auf seinem neuen Album sind eine Menge ähnlicher Sachen drauf. Er ist sehr jung und spielt eine große Bandbreite von Rock bis Blues, aber was ihn prägt kommt vom Blues.“

Interessant vielleicht die Frage, wie Bernard Allison von seinen Musikerkollegen gesehen wird. Welchen Stellenwert misst man ihm und seinen Leistungen für die Musik und die nächste Generation der Musiker bei? Wir haben ihm die Frage nicht gestellt, denn faktisch ist sie bereits beantwortet. Kein geringerer als Prince lud Bernard Allison dazu ein, neben Stars wie Norah Jones, Maceo Parker oder Sheila E. an der ‚Xenophobia’ in seinen Paisley Park Home Studios teilzunehmen. Eine Woche lang fanden hier im Juni 2002 Konzerte, Diskussionen, Workshops und Sessions zum Thema Neue Musik statt.

Allison & Wilber

Für das Publikum ist Prince einer sehr schillernde, unerreichbare Persönlichkeit. Welche Rolle spielt er für Bernard? „Prince ist ein guter Freund. Er ist unglaublich. Er spielt sein Instrument in jedem Stil den er will. Er lebt in Minneapolis wo ich auch lebe. Vor Jahren sah ich ihn ein paar Mal, aber ich hatte niemals geahnt, dass er tatsächlich ein Fan von mir sein könnte. Er sagte: ‚Hey Guy, ich hab alle deine Platten.’ Und das sind mehr als ich von ihm habe! Die üblichen Lügen auf einer Geburtstagsparty. Aber es ist ganz und gar unglaublich, was er mit der Musik gemacht hat, angefangen von Hendrix bis Jazz! Er nimmt alle Einflüsse, Jazz, Gospel, Blues. Doch wenn du dir die Platten anhörst merkst du, Prince ist ein Hendrix-Fan. Das ist Blues! Wow! Ich hörte einige Aufnahmen, bei denen er Blues spielt. ‚Purple Rain’ spielt er ewig lang. Unglaublich!“

„Und wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit ihm als Kollegen?“ „Wir sprachen über einige Projekte. Im Augenblick wäre dies das Album Funkifino. Es wurde noch nicht in den USA veröffentlicht. Er übernimmt möglicherweise den Remix der Platte und fügt noch einige Parts hinzu. Wenn dies getan ist, möchte ich Funkifino Part II aufnehmen. Ich habe noch einige Tracks und wir spielten neue ein. Das wäre die Möglichkeit für Prince, sich einzubringen, mir beim arrangieren zu helfen und es funkiger zu machen.“

„Und wie ist die Arbeitsatmosphäre in den Paisley Park Studios?“ „Es ist ein wunderschöner Platz. Es gibt allerhand Räume, Live-Aufnahmeräume und etliche separate Aufnahmeräume. Prince geht jeden Abend da rein und jammt mit Freunden. Er schneidet alles mit, hört es wieder ab, bringt noch etwas dazu und produziert seine Platte. Er braucht keine Plattenfirma zu bezahlen, er macht alles zu hause.“ „So ist es eher ein Live Track, der später mit Overdubs versehen wird?“ „Exakt!“ „Man hört es an den Platten.“ „Yeah!“

Ron Sutton

Nachdem Bernard Allison uns bereits eine dreiviertel Stunde lang Geduld entgegengebracht hatte und bevor wir uns gegenseitig für unsere Zeit und das Gespräch bedankten, musste noch eine letzte Frage gestellt werden. Wie übt Bernard seinen Spezialeffekt die ‚Talkin Guitar’, die sich mit dem Publikum unterhält? Mit einem Spiegel vielleicht? „Nein, nein. Ich mache das schon seit Jahren und es ist ganz natürlich für mich. Die Schwierigkeit ist nur, den Mund, die Hand und das Wah-Pedal gleichzeitig zu bewegen. Eine Menge Leute haben Probleme damit, das Wah synchron zu bedienen und ich bin glücklicherweise jemand der das kann. Und so mache ich das in jeder Show und die Leute sind überrascht: Oh, die Gitarre spricht zu mir!“ Ein schöner Gimmick!

pepe & flo

siehe auch Archiv > Bernard Allison 17. Januar 03 im Anker - LE

   

 

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