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LE-Nightflight

Bericht

((grosskopf))

16. Juni 2005

Moritzbastei, Leipzig

Andreas Grosskopf

 

Es gibt sie, die Freunde des Feingeistigen, die an solch einem Abend, an dem im Leipziger Stadion Brasilien gegen Griechenland 3:0 gewinnt, sich intelligenten und anspruchsvollen jungen Jazz vorziehen. Damit war jedem Jazz-Gourmet, der es am Donnerstag in die Veranstaltungstonne schaffte, ein höchst interessanter Abend in intimem Kreis vergönnt.

Das Tenorsaxophone begann zu tönen und mit einer ruhigen, eindringlichen Melodie die Zuhörer in die Tonne zu ziehen, ehe sich Schlagzeug und Bass hinzugesellten. Jetzt begann das Stück, sich zu entwickeln, erhielt einen vorwärtsschreitenden Groove und rockte fast ein bisschen. „Wir haben schon befürchtet, wir wären in der Überzahl.“ Scherzte Andreas Großkopf zur Begrüßung. Dabei war die Besetzung mit drei Mann diesmal besonders schmal.

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Andreas Grosskopf
Während bei den Plattenaufnahmen auch DJ Raphnek scratchte und mit elektronischen Effekten spielte und Steffen Greisigers Orgel das Klangbild und die Melodienvielfalt bereicherte, mussten in der Tonne Alfred Kallfass am Elektrobass, Frank König (Schlagzeug) und Andreas Grosskopf an den Saxophonen die Atmosphäre, den Groove und den Sound alleine produzieren. Unterstützung kam von einigen elektronischen Effektgeräten. Sparsam wurden auch Echos und Computereffekte eingesetzt. Logisch dass das Ergebnis ein anderes war, in Ermangelung der flatternden, luftigen Orgelsounds vielleicht ein bisschen erdiger.
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Alfred Kallfass

Den Platz des zweiten Melodieinstrumentes füllte Alfred Kallfass mit seiner voluminös und satt klingen Bassgitarre, häufig auch in Soloparts. Dann verwandelte er quasi seinen E-Bass virtuos in eine Gitarre. In Personalunion war er natürlich auch Mitglied der Rhythmusgruppe und sensible Begleitung für seine Bandkollegen. Seine leisen, unbeirrt geradlinigen und sparsamen Basslinien unterstützten den Solisten effektiv aus dem Hintergrund und waren häufig mitverantwortlich für eine Atmosphäre, die die Stücke schweben ließ.

Der zweite Titel hieß „18.23.4“. „Da könnt ihr euch mal Gedanken drüber machen!“ forderte Andreas auf. Obwohl ja jeder weiß, dass die Titelfindung bei Jazzstücken für den Nichteingeweihten ein ewiges Rätsel bleiben wird.

Grosskopf
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Andreas Grosskopfs Kompositionen sind ebenso wenig schnell durchschaubar. Sie sind nicht gefällig, um sich vordergründig in das Gehör einzuschmeicheln. Es sind nicht in erster Linie eingängige Patterns und mitreißende Licks. Oft sind es nicht sperrige aber doch sprunghafte Einfälle, die dann zu tragenden, fließenden Melodielinien hingeführt werden. Und so haben die grundsätzlich kraftvollen und vorwärtsdrängenden Stücke die Atmosphäre, die den Zuhörer mit seinen Gedanken leicht benebelt zurück lassen oder aber in einen emotionalen Strudel reißen, wenn er sich denn auf die Ideen und humoresken Wendungen einlassen will. Die innovativen Melodien und Sounds, ihre schlaue, spannende Dramaturgie machen sie zu sehr differenten Stücken, durch die sich doch unverkennbar Grosskopfs Stil zieht.
Frank König
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Passgenau hierzu bediente Frank König auch in der MB das Schlagzeug, mit Präzision und Konsequenz, wenn nötig mit Power, immer aber angemessen und gegebenenfalls mit der nötigen Zurückhaltung. Druck- und Kraftvoll stehen bei ihm nicht im Gegensatz zu filigran und einfühlsam. In seinen spannenden Schlagzeugsoli schuf er durch vielschichtige, sich überlagernde Rhythmen komplizierte Gebilde. Nicht verwunderlich, dass seine enorme Virtuosität und Vielseitigkeit in der Jazz- und Funkszene der Stadt hoch geschätzt sind. Auch für Andreas Grosskopf und Alfred Kallfass war er ein idealer Kompagnon.

Letztlich ließ Andreas Grosskopfs Konzept allen beteiligten Musikern gleichberechtigt Raum, sich einzubringen, ihren Einfluss auf die Entwicklung der Stücke auszuüben, sich in langen Soloparts zu entfalten. Nichts wirkte abgekartet, eintrainiert. Gerade diese Offenheit machte den Abend zu einem interessanten, zu einem besonderen Erlebnis.

pepe

LE-Nightflight Bericht > Scrooge 15.01.04 Moritzbastei - LE

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