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LE-Nightflight

Rezension

Tapete Unterwegs – Labelnacht

mit Crash Tokio, Missouri, Samba

02.10.05, Moritzbastei, Leipzig

Crash Tokio

  
„Müssen Alle Mit“ – Eine Tapete auf Wandertag in der Moritzbastei.

Eingespannt wurden die jungen Hoffnungsträger ‚Crash Tokio’ (Gitarren-Pop-Rock), ‚Missouri’ (funkiger Soul-Pop) und ‚Samba’ (deutscher Pop-Rock). Was witzig klingt, ist die gute Idee des rührigen Indie-Labels Tapete Records aus Hamburg, seine jungen hoffnungsvollen Pferde einzuspannen und durchs Land zu reisen. Wenn’s die großen Radiostationen nicht tun, muss man sich eben selbst was einfallen lassen, um dem Volk gute neue Musik nahe zu bringen.

Crash Tokio

An der Spitze der Karawane rumpelten ‚Crash Tokio’ gleich gut los. Das hatte Kraft, das hatte Druck und darüber hinaus gute Hooks, eingängige Melodien, mit denen sie sich vor ganz großen Acts nicht zu verstecken brauchen. Man denkt da schnell an Britpop. Nur - dieses Konzert ist bezahlbar, weil nicht ein ganzer Rattenschwanz an Managern und Produzenten mit durchgefüttert werden muss. Hier kann man den Musikern auf die Schulter klopfen, mit ihnen labern oder ein Bierchen trinken. Außerdem kann man sicher sein, dass die ihre Musik immer noch aus Liebe zur selben und mit Idealismus machen. Nur mit dem Namen haben sie danebengegriffen. Nicht das der schlecht klingen würde. Aber warum ‚Crash Tokio’ und nicht ‚Tokio Hotel’? Denn dann wären sie bereits von Island/Universal Music entdeckt und zu den neuen Nachwuchs-Stars auserkoren worden. Man würde sie auf ganz große Bühnen zerren. Sie könnten ihre musikalische Reife beweisen und die viel zu jungen Kollegen – mit Sicherheit alle sehr talentiert – hätten erst mal noch Zeit, sich zu entwickeln. Aber so ist es nicht gekommen. Sie sind ein Geheimtipp. Und als solcher müssen sie wie die meisten geilen Bands den steinigen, mühsamen Weg zum Erfolg gehen.

Crash Tokio

Auf diesem Weg muss sich jeder bei jedem Gig neu beweisen. Auch wenn Sänger Andreas ‚Pese’ Puscher oder Bassistin/Keyboarderin Nina Kränsel bereits mit ‚Miles’ oder ‚Virginia Jetzt’ in Deutschland hoch erfolgreich sind. In der Formation mit Andreas ‚Hase’ Höfer und Sebastian ‚Seppes’ Schumann genießen sie (übrigens völlig zu unrecht) noch keinen breiteren Bekanntheitsgrad. Mit ihrem 2004 erschienen Album „We Are Plastic“ könnte sich das theoretisch aber bald ändern. Die Scheibe ist dramaturgisch richtig gut, vereint 10 hörenswerte Popperlen, ist aufnahmetechnisch auf hohem Niveau und spiegelt musikalisch wie auch von der optischen Gestaltung her das wieder, was man auch live von ‚Crash Tokio’ erwarten darf. Auf aufgeräumter Bühne vor weißem Hintergrund standen die weiß gekleideten Musiker und präsentierten erst mal schon ein stimmiges Erscheinungsbild. Sympathisch, witzig, verbindlich agierten sie mit dem Publikum. Die von Nina simple geäußerte Aufforderung ans Publikum, nach vorn zu kommen, wurde sofort befolgt, was selbst die Musikerin verblüffte und erkennen ließ: „Das hätte ich mal viel eher sagen sollen!“ Die Veranstaltungstonne hätte ein paar Zuhörer mehr verkraftet, aber die, die da waren, feierten ihre Neuentdeckung, tanzten und werden es bestimmt weitersagen.

Missouri

Es folgte eine funkig soulige Performance mit ‚Missouri’. Sie hatten richtig gute, schöne, tanzbare Musik mitgebracht und wussten diese ebenfalls auch äußerlich adäquat zu präsentieren. Red, ihr Sänger und Keyboarder an den Fender Rhodes kam im schicken Anzug, mit auffälligem Silberring auf die Bühne. Die Charakterstimme der Band zeigte auch einen Charakterkopf mit Stil. Die Leinwand im Hintergrund kam bei ‚Missouri’ nun für stimmungsvolle Bilder auch zum Einsatz. Ihre Songs, in denen Bluesnotes wie moderne Elektrobeats in den funkigen Soul eingeworfen werden, hatten sie mit Gitarre und Pedal Steel (Carter Cain), Gitarre (Frank Mollena) sowie Orgel und Keyboards (Christian Ebert) in dichten Arrangements umgesetzt.

Missouri

Von der ersten bis zur letzten Minute ihres Auftritts präsentierten sie ein geschlossenes, cooles, qualitativ durchgängiges Programm, dem allerdings eine Auflockerung ganz gut getan hätte. Wenn man etwas vermisste, dann war es der Spannungsbogen über dem Gig. Auch ‚Missouri’ sind nebenbei gesagt keine unerfahrenen Neulinge mehr. Seit ihrer ersten Singleveröffentlichung „I Won’t Regret“ von 1999 und dem neuesten Album „Voodoorama“ aus dem Jahr 2004 liegen einige Jahre Banderfahrung, Suchen und Formen des eigenen Stils aus Tradition und Moderne. Seit kurzem gibt es nun auch eine gegenseitig befruchtende Beziehung zwischen ihnen und der Hamburger Band ‚Fink’. Der Pedal-Steel-Fink Carter Cain bereichert die Band. Im Gegenzug mischt Sänger Red bei den Fink(en) mit.

Samba

Abgerundet wurde der gute Eindruck, den man von den Schützlingen und dem Niveau unter dem Label Tapete Records erhalten konnte, durch die Dreier-Formation ‚Samba’. Sie stehen für deutschsprachigen, tanzbaren Rock mit Popappeal und musikalischem wie textlichem Anspruch. Knut Stenert (Gesang/Gitarre), Götz Grommek (Bass) und Hirzel Hirzelnsen (Schlagzeug) stehen bereits seit über zehn Jahren gemeinsam auf der Bühne, veröffentlichten ihre ersten Scheiben seit 1995 bei Epic. Entsprechend präsentierte sich die Band live als gut eingespieltes Team. Sie wissen, wo sie musikalisch hin wollen. Und das zeigen sie in ihren reifen, fein ausgearbeiteten Songs. Leicht und dennoch nicht banal sollen die sein, so dass Interpretationsspielraum bleibt. Und die schöne Erkenntnis tut sich dem Hörer auf, „das Gegenteil von Punkrock“, das ‚Samba’ nämlich erklärtermaßen anstreben, muss nicht zwangsläufig Jeannette Biedermann oder Hansi Hinterseer heißen. Die Band mit Humor („Wir machen Songwriter-Pop, da kommts auf die Texte an!“ oder „Das war unser letztes Lied. Jetzt kommt unsere Zugabe“) können durchaus auch rockig. Erwähnt sei noch, dass ihr ende 2004 veröffentlichtes Album „Aus den Kolonien“ - natürlich bei Tapete Records erschienen - elf bezaubernde Stücke beinhaltet, die das Leben leichter machen.
 
pepe

Mehr Infos unter www.tapeterecords.de

LE-Nightflight Rezension Crash Tokio .

 

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