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Bericht

Fink

 

23.10.2005,
Moritzbastei Leipzig


Fink

"Wir wissen, dass heute Sonntag ist. Wir haben trotzdem unser Samstag-Abend-Programm mitgebracht." warnte Nils Koppruch gleich zu Beginn. Die Anwesenden schien das nicht zu beunruhigen. ‚Fink' waren nicht zum ersten mal in Leipzig zu Gast. Und was man von ihnen erwartete, war nichts anstrengendes, sondern ein Abend zum wohlfühlen und Spaß haben, was zum zuhören, lächeln, hüpfen und mitswingen.

"Das ist eine Rock'n'Roll-Band." Erklärte der Tourmanager augenzwinkernd und wohl wissend, dass diese Behauptung ebenso danebenlag, wie die häufige Einordnung in der Country-Ecke. Er habe die gesamte Band erst am Vorabend in Berlin bei der Polizeistation auslösen müssen. Harte Jungs also? Nicht ein Stück. Alle ganz lieb, auch wenn Nils zunächst seine Obsessionen über das Telefon bekannt gab.

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Was folgte, war daher nicht zu laute, akustisch sehr gut differenzierbare Musik, deren Grundlage in der ursprünglichen Form des Rock'n'Roll der 50er, 60er Jahre zu finden ist. Mit dreckigem Garagenrock hatte es allerdings ebenso wenig zu tun, wie mit den Pop-Nummern, für die die Jungs ihre geölte Tolle pflegten und die Mädels die Petticoats anzogen. Weitaus mehr als Country-Styles integriert ‚Fink' in den Titeln. Sie als Country-Band einzutüten, ist daher ebenso falsch, wie eine Rock-Band in ihnen zusehen. Verräter bedeutet ihr Name im amerikanischen. Mit ihrer Musik haben sie sich zwischen alle Fronten begeben. Sind sie nun gleich Verräter? Für diesen Vorwurf gibt es sicher ganz andere Leute.

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Spaß haben die Finken am Klang, an Akustik, an den Gitarrensounds, an einem differenziert zum klingen gebrachten Schlagzeug, am schmerzvoll gespielten Keyboard. Zum einen zeigt sich das bereits am Instrumenten-Set (ein Pedal Steel, 2 Semiakustik- eine Akustikgitarre, eine Fender, ein Semiakustikbass, ein Banjo, eine Dobro, ein Keyboard, Percussions und Schlagzeug). Zum anderen sah und hörte man es daran, wie liebevoll, sie ihren Gitarrenpark einsetzten, beispielsweise wenn Oliver Stangl mit sinnigem Lächeln regelrecht um seine Gibson herumtanzte, um ihr zärtlich ihren typischen fulminanten Ton zu entlocken. Oder wenn Red die Augen schloss, in sich ging und seine Fender singen ließ. Schlagzeuger Christoph Kähler musste nicht laut auf die Pauke hauen, um seine Fertigkeiten zu beweisen. Den Flow erzeugte er mit sensibel und differenziert zum Klingen gebrachtem Set, nicht selten unter Nutzung des feinen, raschelnden Anschlags der Jazzbesen. Zusammen mit dem Bassisten Andreas Voss gab er den lässig und beinahe nuschelnd dahin erzählten Geschichten einen unterschwelligen Groove.

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Fein witzige Texte hat Nils Koppruch geschrieben. Doch ihre Tiefe, die Nachdenklichkeit und die Dramatik, die manchmal in ihnen steckt, nimmt man bestenfalls im zweiten Moment war. Der Erzähler hockt zu hause, grübelt in depressiver Novemberstimmung "Und Wasser fließt vom Dach." Nichts Besonderes, wer kennt nicht diese Melancholie an verregneten Herbsttagen. Wie nebenbei erfährt man "Im Süden hat Luisa sich in einen Fluss geworfen. Sie ist nicht mehr aufgetaucht." Irgendwann mag man realisieren, was man da gerade erfahren hat. Da wird längst nicht mehr davon gesprochen. Oder der schlitzohrige Händler - dem man nur zu sagen braucht, was man sich wünscht, der einem alles besorgen kann und der sich denkt, zum Schluss "...verkauf ich deine Haut." Wenn überhaupt, wird das erst realisiert, wenn die Haut schon verpfändet ist. Aber darum geht es auch gar nicht. Genauso träge sieht man den Zug im Bahnhof ein- und abfahren, verrinnt das Leben mit der Zeit. Irgendwas sollte jetzt vielleicht passieren, doch der Erzähler nimmt nur gelähmt Notiz davon. Und genau aus dieser Diskrepanz entsteht die Spannung. Nicht viel größer ist die Tatenkraft, wenn ‚Fink' zum "Hüftschwung" auffordern.

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Selbst scheinen sie längst am Stammtisch in dieser ganz bestimmten Hafenkneipe zu sitzen, für die sie das Lied geschrieben haben. "Die Kneipe gibt es nicht. Ansonsten wäre unsere Band die Idealbesetzung." Erklärte Nils Koppruch. So schwüle Atmosphäre hinterlassen natürlich nicht alle Titel. Aber eine scheinbar abgeklärte Stimmung zieht sich schon durch das Konzert. Auch wenn von Beziehungen die Rede ist, die irgendwann einseitig geworden sind und bei denen man sich wünscht "...sie hätte sich nicht meinen Namen in ihre Haut eingeritzt." Bei so viel Passivität passiert es dann eben auch, dass man was wichtiges verpasst. "Sag ihr meinen Namen, wenn du sie triffst." Kann er nur noch bitten. Denn viel ist dem Erzähler nicht geblieben von dieser Frau, die er nicht lange gekannt haben kann. Aber sie geht ihm auch nicht aus dem Sinn. "Ich würde gern wissen, wie es ihr geht." Ist sein Wunsch, der wohl nicht mehr in Erfüllung gehen wird. In schlichter Bescheidenheit wird dann noch eins der zauberhaftesten Liebeslieder offeriert mit einer einfachen, liedhaften Melodie zu einem romantischen, schnulzigen aber in seiner Schlichtheit berührenden Text "...das ist das Beste was ich hab und ich hab's gemacht für dich." "Ich will, dass du es nimmst, so einfach wie es ist." "Du kannst es haben, wenn du willst, behalten, wenn du magst, verschenken..." Ein "Talisman" soll es sein, ein "Gruß an Dich". "Ich leg's vor deine Tür, einfach wie es ist."

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So einfach, so schnörkellos schenkten sie dem Publikum alle ihre Lieder, ihre Melodien, Erfahrungen, Erinnerungen. "Habt ihr Lust noch ein bisschen zu tanzen?" Getanzt hatten die Finkenfreunde den ganzen Abend lang. Freilich, dies war nicht die Mugge, bei der auf und vor der Bühne alles ins Schwitzen, ins Triefen kommt. Es war Musik zum nicken und swingen, zum Hüften kreisen und Oberkörper wippen lassen. "Das war eine kleine Albernheit". Meinte Nils zum "Eismann". "Jetzt was Ernstes." "Shake the birds in the tree." Sangen sie das Publikum zum Limbo auffordernd. Die Vögel hatten sicher ihren Spass dabei. Große Stürme verursachten die Tänzer diesen Abend nicht mehr. Vergnügt und friedlich klang der Abend aus.

pepe


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