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Bericht

Dropkick Murphys

 

30.01.2007, Haus Auensee, Leipzig


Dropkick Murphys

Der Vorverkauf zeigte sehr schnell, das Werk II würde für die Band aus Boston und ihren zum Teil weit angereisten Fanblock nicht ausreichen. Das Konzert der Dropkick Murphys wurde ins Haus Auensee umgeleitet. Massen pilgerten also in die Veranstaltungsstätte im Leutzscher Holz. Aber eine Meute handfester Skinheads auf dem Weg zu einer Oi-Band war das wohl eher nicht. Hier trafen sich Punks und Hardcore-Fans um schnelle, laute Musik zu feiern, das letzte Bierfass zu leeren und sehr viel Spaß miteinander zu haben.

Big D And The Kids Table

Zwei hochgelobte Vorbands (Running Riot und Big D And The Kid's Table) starteten ungewöhnlich pünktlich. Noch blieb der Saal einigermaßen leer und die Stimmung unterkühlt. Gerade von den Bostoner Kids und ihrer Bläserfront hatte man sich mehr Kraft und Druck erwartetet. Doch sie konnten leider nur den Eindruck einer gelangweilten, laschen Ska-Band hinterlassen. Jeder ihrer Hopser wirkte wie vorgenommen. Da passierte weder echte Interaktion auf der Bühne, noch arbeiteten sie mit ihrem Publikum.

Big D And The Kids Table

Glücklicherweise ging es zügig vorwärts und nach einer halbstündigen Umbaupause kamen die Hauptakteure des Abends. Sie enttäuschten niemanden. Mitreißender, lauter und stimmungsvoller kann Musik nicht sein, als in diesem bemerkenswerten Mix aus Irish Folk-Hardcore-Punk-Rock, den sie mit größter Spielfreude und Spaß ihren Fans entgegen schmetterten. Den harten Beat aggressiv nach vorn boxend, mit satten Gitarrenriffs und der starken Präsenz ihres Sängers Al Barr hatten sie das tobende Publikum schnell im Griff. Die glückliche Masse sprang und schrie sich in Ekstase. Mancher vermisste später das ein oder andere Kleidungsstück. Denn im Suff wurde sich schon mal das T-Shirt vom Leib gerissen und in irgend eine ferne Bierlache geschleudert. Bier - auch ein gutes Stichwort - es wurde nicht nur gern, schnell und viel getrunken sondern ebenso literweise über sich und andere Fans geschüttet. Ein wildes, mitreißendes Happening nahm keine überflüssigen Rücksichten. Sturzbesoffene Menschen mit fahlen Gesichtern aber glücklichen Augen gaben eine Ahnung von (Bier-)Seeligkeit.

Dropkick Murphys

Alles schön und gut, aber was hat amerikanischer Punk mit irischer Tradition zu tun und wie kommen die Dropkick Murphys aus Boston darauf, Hardcore Punk mit Dudelsack und Tin Whistle zu verbinden? So hergeholt ist die Antwort gar nicht. Schließlich war es Boston in Massachusetts, wo im 19. Jahrhundert viele der irischen Einwanderer hängen blieben. Noch heute wird nicht nur zum St.Patrick's Day irische Tradition hoch gehalten. 1996 gründeten sich hier die Murphys. Und was im Keller eines Barbershops aus Spaß am lauten Musikmachen begann, gehört nach ein paar kleinen Neubesetzungen mittlerweile zum originellsten, schlagkräftigsten und erfolgreichsten, was die Bostoner Punkszene in die Welt zu tragen hat. Die Dropkick Murphys vermengten die musikalischen Einflüsse, mit denen sie aufgewachsen waren und waren nach eigenen Angaben eher überrascht, dass sie damit breiten Anklang fanden. Zu "The Foggy Dew" von den Chieftains und Sinead O'Connors hinreißend leidenschaftlich-melancholischer Stimme zogen die Murphys auf der Bühne in Leipzigs Haus Auensee ein. Die Fans hatten sie bereits mit dem ultimativen Schlachtruf "Let's go Murphys" erwartet.

Dropkick Murphys

Die Bedeutung ihres Bandnamens geht übrigens auf einen American Football Spieler aus Boston zurück, der für seinen typischen "Dropkick" berühmt war. Dieser eröffnete eine Entgiftungsklinik für Trinker, die schnell als Dropkick Murphys zur lokalen Legende wurde. Den Musikern erschien dieser Name perfekt. Gefragt nach ihren musikalischen Einflüssen zählt Schlagzeuger Matt Kelly alles auf, was in den zurückliegenden Jahrzehnten Bedeutung für die Entwicklung des Rock'n'Roll in all seinen Facetten und Abwandlungen hatte. Ihre Musik ist der Punk. Doch angefangen von Chuck Berry, The Who über die Sex Pistols, The Ramones, The Rolling Stones, AC/DC, dem Siebziger Jahre Punk bis zu irischem und amerikanischem Folk fühlen sie sich von allem beeinflusst. Das erklärt, warum man mitten in der schärfsten Punk-Mugge plötzlich mit lupenreinem Rock'n'Roll oder irischen Traditionals konfrontiert wird. Den Freestyle Punkern sind stilistische Tabus fremd. "Wir spielen, was uns in den Sinn steigt und hoffen, es ist gut."

Und ob! Es war großartig. Die Stimmung war großartig. Und man kann tatsächlich von einer Fangemeinschaft sprechen, deren Mitglieder sich mit viel Humor und Aufgeschlossenheit begegneten, ungeachtet dessen, ob man sich kannte oder hier das erste Mal traf, ob man stilechter Punk, jung, alt, glatzköpfig oder sonst wie daher kam. Das ist schon bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass zu ihren Konzerten gewöhnlich Punks wie Skins gehen. Hier und da gibt's auch mal Schlägereien. Doch die meisten kommen der Musik wegen. Und das ist, was sie erreichen wollen, Leute zusammenbringen, mit ihnen eine gute Zeit haben.

Dropkick Murphys

pepe

 


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